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§ 224 SGB IX Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand

(1) Aufträge der öffentlichen Hand, die von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen ausgeführt werden können, werden bevorzugt diesen Werkstätten angeboten; zudem können Werkstätten für behinderte Menschen nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Satz 2 beim Zuschlag und den Zuschlagskriterien bevorzugt werden. Die Bundesregierung erlässt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand.

(2) Absatz 1 gilt auch für Inklusionsbetriebe.

BEDEUTUNG

Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes hat der Gesetzgeber zum 01.01.2018 eine Gleichstellung von WfbM und Inklusionsbetrieben bei der bevorzugten Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand in § 224 SGB IX verankert. Mit Stand vom Oktober 2021 sind die in § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB IX erwähnten allgemeinen Verwaltungsvorschriften jedoch noch nicht erlassen worden. Eine bevorzugte Berücksichtigung von Inklusionsbetrieben auf Grundlage von § 224 SGB IX ist demnach noch nicht möglich bzw. nur dort, wo sich die Landesvergaberegelungen bereits auf § 224 SGB IX
beziehen. Im Mai 2021 hat der Bund daher im Rahmen des Teilhabestärkungsgesetzes eine Übergangsregelung in § 241 SGB IX geschaffen, die bis zum Erlass der allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 224 SGB IX anzuwenden ist.

§ 241 Abs. 3 SGB IX Übergangsregelung

3) Die nach § 56 Absatz 2 des Schwerbehindertengesetzes erlassenen allgemeinen Richtlinien sind bis zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 224 weiter anzuwenden, auch auf Inklusionsbetriebe.

BEDEUTUNG

Bei den nach § 56 Absatz 2 des Schwerbehindertengesetzes erlassenen Richtlinien handelt es sich um die Richtlinien für die Berücksichtigung von Werkstätten für Behinderte und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (s.u.) vom 10.05.2001. Diese sind nun auch auf Inklusionsbetriebe anzuwenden.

Richtlinien für die Berücksichtigung von Werkstätten für Behinderte und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Finden Sie die Richtlinien HIER.

BEDEUTUNG

Nach § 241 Abs 3. SGB IX sind die Richtlinien auch auf Inklusionsbetriebe anzuwenden. Demnach erhalten Inklusionsbetriebe den Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag, wenn ihr Angebot

a) ebenso wirtschaftlich oder annehmbar ist wie das eines nicht bevorzugten Bieters, oder

b) wenn ihr Angebotspreis den des wirtschaftlichsten Bieters um nicht mehr als 15 % übersteigt. 

Inklusionsbetriebe sind zudem bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben regelmäßig in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern.

  • Die Richtlinien beziehen sich nur auf die Auftragsvergabe im Unterschwellenbereich.
  • Alle öffentlichen Auftraggeber des Bundes sind verpflichtet, die Richtlinien unter Berücksichtigung von § 241 SGB IX anzuwenden. Ob die Richtlinien in den Ländern zur Anwendung kommen, ist länderspezifisch geregelt.
  • Die Richtlinien sind verpflichtend für alle öffentlichen Auftraggeber des Bundes.
§ 118 GWB Bestimmten Auftragnehmern vorbehaltene öffentliche Aufträge

(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.

BEDEUTUNG

Die Regelung ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, oberschwellige Vergabeverfahren aller Art auf Inklusionsbetriebe sowie auf vergleichbare Unternehmen und WfbM zu beschränken.

  • Die Regelung bezieht sich nur auf die Auftragsvergabe im Oberschwellenbereich.
  • Alle öffentlichen Auftraggeber des Bundes, der Länder und der Kommunen können die Regelung anwenden.
  • Aus der Regelung entstehen keine Verpflichtungen für öffentliche Auftraggeber. Sie kann optional zur Bevorzugung von Inklusionsbetrieben sowie vergleichbaren Unternehmen und WfbM angewendet werden.
§ 8 Abs. 4 Nr. 16a UVgO Wahl der Verfahrensart

(4) Der Auftraggeber kann Aufträge im Wege der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn

16. der öffentliche Auftrag ausschließlich vergeben werden soll

a) gemäß § 1 Abs. 3 an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen oder an Unternehmen, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist.

BEDEUTUNG

Die Regelung ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, unterschwellige Vergabeverfahren im Wege der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb auf Inklusionsbetriebe oder auf WfbM zu beschränken. Eine Beschränkung auf Inklusionsbetriebe (oder vergleichbare Unternehmen) ist demnach auch möglich, ohne dabei WfbM berücksichtigen zu müssen.

  • Die Regelung bezieht sich nur auf die Auftragsvergabe im Unterschwellenbereich.
  • Öffentliche Auftraggeber des Bundes können die Regelung seit 2017 anwenden. Öffentliche Auftraggeber der Länder und Kommunen können die Regelung nur anwenden, falls die jeweilige Landesumsetzung der UVgO bereits erfolgt ist. Nach Kenntnis der bag if (Stand Oktober 2021) wird die UVgO in allen Bundesländern bis auf Sachsen und Sachsen-Anhalt angewendet.
  • Aus der Regelung entstehen keine Verpflichtungen für öffentliche Auftraggeber. Sie kann optional zur Bevorzugung von Inklusionsbetrieben sowie vergleichbaren Unternehmen oder WfbM angewendet werden.
Vergaberegelungen zur Berücksichtigung sozialer Belange

§ 127 Abs. 1 GWB Zuschlag

§ 128 Abs. 2 GWB Auftragsausführung

§ 31 Abs. 3 VgV Leistungsbeschreibung

§ 23 Abs. 2 UVgO Leistungsbeschreibung

§ 43 Abs. 2 UVgO Zuschlag und Zuschlagskriterien

§ 45 Abs. 2 UVgO Auftragsausführung

BEDEUTUNG

Diese Regelungen ermöglichen es öffentlichen Auftraggebern, soziale Belange in unterschiedliche Phasen eines Vergabeverfahrens (Leistungsbeschreibung, Zuschlag, Vorgaben für die Auftragsausführung) einfließen zu lassen. So könnte eine besonders hohe Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen z.B. bei der Gewichtung für den Zuschlag berücksichtigt
werden. Auf diese Weise können öffentliche Auftraggeber soziale Belange verfolgen, ohne ein Vergabeverfahren von vornherein auf Inklusionsunternehmen oder vergleichbare Unternehmen zu beschränken.

  • Die Regelungen beziehen sich auf die Auftragsvergabe sowohl im Unterschwellenbereich (UVgO) als auch im Oberschwellenbereich (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Vergabeverordnung (VgV)).
  • Die öffentlichen Auftraggeber des Bundes können die Regelungen sowohl im Unter- als auch im Oberschwellenbereich anwenden. Die öffentlichen Auftraggeber der Länder und Kommunen können die Regelungen ausnahmslos im Oberschwellenbereich anwenden; im Unterschwellenbereich jedoch nur, falls die jeweilige Landesumsetzung der UVgO bereits erfolgt ist.
  • Aus den Regelungen entstehen keine Verpflichtungen für öffentliche Auftraggeber. Sie können optional zur Berücksichtigung sozialer Belange angewendet werden.